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Die befragten Lehrkräfte kommen zu dem Schluss, dass einige Lernende den virtuellen
Unterricht bevorzugen, der ihnen das Gefühl gibt, sich in einer Komfortzone zu befin-
den, insbesondere wenn sie von zu Hause aus in ihrer gewohnten Umgebung teilneh-
men.
Eine Lernende mit einer Hörbehinderung konnte schreiben, dass sie die schriftlichen
Anweisungen bevorzugt. Keiner der anderen Lernenden hat das bemerkt. Aber im Prä-
senz-unterricht hat sie die Erfahrung gemacht, dass sie stärker exponiert war, wenn sie
ihre besonderen Bedürfnisse zum Ausdruck bringen musste.
Darüber hinaus gibt es im digitalen Unterricht Elemente, die denjenigen Lernenden
helfen, die Schwierigkeiten haben, sich auszudrücken und eine Antwort von den Lehr-
kräften zu erhalten. Beim WhatsApp- oder Zoom-Unterricht haben die Lehrkräfte die
Möglichkeit, den Lernenden zwischen den gemeinsamen Aktivitäten mehr individuelle
Aufmerksamkeit zu schenken.
Darüber hinaus wiesen die Fachleute auf die Möglichkeiten des gemischten Lehrens
und Lernens hin, um verschiedene didaktische Bedürfnisse zu kombinieren und zu er-
füllen, insbesondere das Bedürfnis einiger Lernender, einen sozialen und einen Lern-
raum durch die Anwesenheit in einem physischen Unterrichtsraum in Kombination mit
virtuellen Begegnungen zu vereinen.
VIDEOBASIERTE PRAXIS UNTER SPRACHLEHRENDEN
Das Erasmus+ Projekt „Videobased Peer Practice among Language Teachers“ (V-Pal)
initiierte 2019-20 eine digitale Plattform mit dem Ziel, den digitalen fachlichen Aus-
tausch zwischen Sprachlehrkräften zu stärken, auch bei Unterrichtsausfällen. Die Idee
war, dass Sprachlehrkräfte kurze Videos auf das Portal hochladen, in denen sie in kur-
zer und präziser Form Beispiele für praktische Unterrichtsmethoden und -materialien
beschreiben, die auf andere Sprachkolleg*innen übertragbar sind.
In der Praxis geschah dies, indem jede Lehrkraft sorgfältig darüber nachdachte, was
er/sie vermitteln wollte. Anschließend wurde ein Storyboard erstellt, das es den Lehr-
kräften ermöglichte, eine einheitliche Vorlage für das Video zu verwenden. Die Vorlage
enthält einen Abschnitt, in dem die Zielgruppe der Lernenden beschrieben wird, und
einen Abschnitt, in dem die Lehrkraft die Methode einer Gruppe von Lernenden vor-
23
stellt. Darüber hinaus gibt es Hinweise in Bezug auf die konkrete Anwendung .
Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen aus dem Projekt ist, dass V-Pal sich nicht auf
den Sprachunterricht beschränken muss. Die Methodik kann durchaus auch in anderen
Bereichen der Erwachsenenbildung angewandt werden - ebenso wie in Unterrichts-
kontexten, die Kinder und Jugendliche einschließen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass digitale Lehr- und Lernmethoden und -
werkzeuge rein instrumental eingesetzt werden können, indem sie die traditionellen
23 s. Petersen Anne Charlotte (2021): „Film yourself and strengthen your teaching“. Ein Überblick in
„Digital opportunities in Erasmus+“, op.cit. Das Projekt basierte auf der von Nicolai Seest entwickelten
Peer-Practice-Methodik, siehe die englische Version: Petersen, Seest, Cone and Heesen: „V-Pal. Video-
based Peer Learning among Language Teachers“.